Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) darf sich bei der periodischen Überprüfung von Arzneimitteln der Spezialitätenliste nicht mehr nur auf einen Vergleich mit Auslandspreisen beschränken. Die Prüfung muss auch einen Vergleich mit anderen Produkten gleicher Indikatoren bzw. ähnlicher Wirkungsweise umfassen. Das Bundesgericht bestätigte mit Urteil vom 14. Dezember 2015[1] den diesbezüglichen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts und weist die Beschwerde des BAG ab.
Die in der Spezialitätenliste registrierten Medikamente werden von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung grundsätzlich vergütet. Alle drei Jahre überprüft das BAG daher neu, ob die in der Liste aufgeführten Medikamente die Aufnahmebedingungen, namentlich die Wirtschaftlichkeit, noch immer erfüllen.
Auf Basis der (altrechtlichen) Verordnung über die Krankenversicherung führte das BAG – abgesehen von Ausnahmefällen – in der Vergangenheit lediglich einen Preisvergleich für das fragliche Medikament in ausgewählten Vergleichsländern durch. Nachdem das BAG aufgrund dieses Vorgehens im Jahr 2013 die Preise eines Medikamentes senkte, stellte sich die Zulassungsinhaberin dieses Medikamentes auf den Standpunkt, bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit müsse nebst dem Preisvergleich auch ein therapeutischer Quervergleich erfolgen und erhob Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Diese Beschwerde hiess das Bundesverwaltungsgericht im April des Jahres 2015 gut und kam zum Schluss, dass sich die periodische Prüfung des BAG – wie von der Zulassungsinhaberin vorgebracht – nicht auf den Preisvergleich beschränken dürfe. Das Bundesverwaltungsgericht wies das BAG in seinem Entscheid an, zusätzlich einen Quervergleich durchzuführen. Gegen diesen Entscheid erhob das BAG Beschwerde beim Bundesgericht.
Das Bundesgericht stützte den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts und führte aus: Die auf den Auslandpreisvergleich beschränkte Prüfung der Wirtschaftlichkeit lasse das Kosten-Nutzen-Verhältnis eines Medikamentes vollkommen unberücksichtigt. Dies sei nicht mit der im Krankenversicherungs-gesetz festgehaltenen Zielsetzung vereinbar, wonach ein in die Spezialitätenliste aufgenommenes Medikament jederzeit die Kriterien der Wirksamkeit, der Zweckmässigkeit und der Wirtschaftlichkeit erfüllen muss. Eine rein preisbezogene Prüfung habe zur Konsequenz, dass die Spezialitätenliste nicht als Referenz für die qualitativ besten Arzneimittel dienen könne. Das Bundesverwaltungsgericht habe das BAG daher zu Recht angewiesen nebst dem Preisvergleich auch einen therapeutischen Quervergleich durchzuführen. Erst mit dem therapeutischen Quervergleich werde es möglich, die Wirksamkeit eines Arzneimittels einer vergleichenden Wertung mit anderen Heilmitteln mit dem gleichen Behandlungszweck zu unterziehen und in den Zusammenhang mit den Kosten zu setzen. Das BAG muss im konkreten Fall nun gestützt auf die erweiterte Prüfung neu über die von ihm verfügte Preissenkung für das fragliche Medikament entscheiden.
Erst am 1. Juni 2015 trat die revidierte Verordnung über die Krankenversicherung in Kraft. Die revidierten Artikel sehen neu vor, für die Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahren den therapeutischen Quervergleich vermehrt zu berücksichtigen. So heisst es in Art. 65b Abs. 2 KVV: „Die Wirtschaftlichkeit wird aufgrund folgender Vergleiche beurteilt: a. Vergleich mit dem Preis in Referenzländern (Auslandpreisvergleich); b. Vergleich mit dem Preis und der Wirksamkeit anderer Arzneimittel.“
Ob die erst im Juni 2015 in Kraft getretene Verordnung der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichts standhalten wird, wird sich erst noch zeigen. Das BAG hat die Applikation für die Überprüfung der Aufnahmebedingungen für das Jahr 2016 auf jeden Fall noch nicht aktiviert und verweist bis zum Abschluss der diesbezüglichen Abklärungen auf die Internetapplikation[2].
[1] Bundesgerichtsurteil 9C_417/2015.
[2] Rundschreiben des BAG vom 28. Januar 2016, abrufbar unter http://www.bag.admin.ch/themen/krankenversicherung/06492/07607/index.html, zuletzt abgerufen am 03.02.2016.