Jährlich erkranken in der Schweiz ca. 37‘000 Personen an Krebs und über 16‘000 Personen sterben infolge dieser Erkrankung. Die Erfassung von Daten betreffend Krebserkrankungen kann dazu beitragen, den Gesundheitszustand der Schweizer Bevölkerung zu verbessern (Prävention), Krebserkrankungen früher zu erkennen, gezielter zu behandeln sowie die Qualität in den Bereichen Diagnose und Behandlung weiterzuentwickeln. Das heutige System der Krebsregistrierung in der Schweiz weist jedoch einige Mängel auf. Die zentrale Schwäche dieses Systems liegt darin, dass Krebserkrankungen nicht flächendeckend, vollzählig und vollständig erfasst werden und der Umfang und die Qualität der erfassten Daten nicht einheitlich ist. Überdies werden systematisch Daten zum Krankheitsverlauf und zur Behandlung nur von den wenigsten kantonalen Krebsregistern erfasst.[1]
Das Parlament hat aus diesem Grund das Bundesgesetz über die Registrierung von Krebserkrankungen (Krebsregistrierungsgesetz, KRG, SR 818.33, BBl 2016 1939) am 18. März 2016 verabschiedet.[2] Mit diesem Gesetz sollen Krebserkrankungen künftig schweizweit vollständig und einheitlich erfasst werden, um weitere Fortschritte in der Prävention, der Früherkennung und Behandlung dieser Krankheiten zu erzielen, Versorgungs-, Diagnose- und Behandlungsqualität zu evaluieren und die kantonale Versorgungsplanung und die Forschung zu Krebserkrankungen zu unterstützen (vgl. Art. 2 KRG).[3] Das KRG beinhaltet eine einheitliche Meldepflicht von dia-gnostizierten Krebserkrankungen durch Ärztinnen und Ärzte, Spitäler und andere private oder öffentliche Institutionen des Gesundheitswesens und legt die Rahmenbedingungen für die Erhebung, die Registrierung und die Auswertung von Daten zu Krebserkrankungen sowie für die Förderung der Erhebung, der Registrierung und der Auswertung von Daten zu anderen stark verbreiteten oder bösartigen nicht übertragbaren Krankheiten fest.[4] Die Bestimmungen des KRG bedürfen der Ausführung auf Verordnungsstufe. Deshalb hat der Bundesrat die Krebsregistrierungsverordnung erarbeitet und an seiner Sitzung vom 5. April 2017 die Vernehmlassung dazu eröffnet, die bis am 12. Juli 2017 andauert.[5] Das KRG und die KRV sollen gestaffelt in Kraft treten. Die Bestimmungen, die sich an den Bund richten sollen auf den 15. März 2018 in Kraft gesetzt werden, die übrigen Bestimmungen auf den 1. Januar 2019. Nachfolgend werden einige wesentliche Regelungsaspekte in zusammengefasster Form dargestellt. Der Entwurf der KRV und die ausführlichen Erläuterungen finden Sie auf der Website des BAG (https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/strategien-politik/nationale-gesundheitspolitik/gesetzgebungsprojekt-registrierung-von-krebserkrankungen/vernehmlassung-zur-krebsregistrierungsverordnung.html?_organization=317)
Meldung von Krebserkrankungen
Die nach Art. 3 KRG zu meldenden Daten werden durch die Verordnung konkretisiert. Artikel 1 KRV legt die zu meldenden diagnostischen Daten fest, die ab dem Zeitpunkt der Diagnose bis zum Tod des Patienten bzw. der Patientin zu melden sind (Art. 7 Abs. 1 KRV). Die Zusatzdaten gemäss Art. 4 KRG werden in Art. 3 KRV präzisiert und umfassen einerseits Informationen zu den weiteren Behandlungsschritten nach Abschluss der Erstbehandlung und zu den Begleiterkrankungen sowie Daten zu allfälligen Früherkennungsmassnahmen. Sämtliche Daten sind innert vier Wochen nach deren Erhebung zu melden (Art. 4 KRV). Im Anhang 1 zur KRV sind die zu meldenden Krebserkrankungen aufgelistet. So sind z.B. bei Erwachsenen die Zusatzdaten nur für vier besonders häufige Lokalisationen von bösartigen Neubildungen zu melden (weibliche Brust, Prostata, Lunge und Kolon). Bei Krebserkrankungen von Kindern und Jugendlichen sind stets auch Zusatzdaten zu melden.[6]
Rechte des Patienten oder der Patientin
Die Patienten werden nach Art. 12 Abs. 1-3 KRV mündlich und schriftlich durch den Arzt oder die Ärztin über Art, Zweck und Umfang der Datenbearbeitung, die Massnahmen zum Schutz der Personendaten und ihre Rechte informiert. Diese Information erfolgt durch den Arzt oder die Ärztin, welcher oder welche die Diagnose eröffnet. Die Inhalte der Information werden in Art.12 Abs. 4 KRV konkretisiert.[7] Jeder Patient bzw. jede Patientin kann der Datenregistrierung widersprechen. Die Registrierung erfolgt deshalb erst, wenn der Patient oder die Patientin nach hinreichender Information nicht widersprochen hat. In Art. 13 KRV wird festgelegt, bei wem ein Widerspruch erhoben werden kann (bei jedem kantonalen Krebsregister oder beim Kinderkrebsregister) und welche Angaben er beinhalten muss (Name, Vorname, Adresse, Geburtsdatum, Versichertennummer, Datum und Unterschrift). Wird ein Widerspruch erhoben, ist dieser unverzüglich umzusetzen und der widersprechenden Person schriftlich zu bestätigen (vgl. Art. 14 Abs. 2 KRV).[8]
Registrierungsprozess
Bevor die Daten registriert werden können, muss eine Karenzfrist von drei Monaten abgewartet werden (vgl. Art. 16 Abs. 1 KRV), damit Patienten und Patientinnen nach Eröffnung der Diagnose eine gewisse Zeitspanne zur Verfügung steht, um zu entscheiden, ob sie der Registrierung ihrer Daten widersprechen möchten. Vor Ablauf dieser Karenzfrist dürfen keine Bearbeitungsschritte vorgenommen werden, mit Ausnahme der Verifizierung der Versichertennummer, der Prüfung, ob bereits Daten registriert worden sind, und der Übermittlung von Daten an ein anderes Krebsregister im Fall der Unzuständigkeit. Überdies muss sichergestellt werden, dass nicht mehrere Krebsregister Daten derselben Person bearbeiten und es so zu Mehrfachregistrierungen kommt (vgl. Art. 17 Abs. 1 lit. b KRV).[9]
Massnahmen zur Gewährleistung der Datensicherheit
Die gesundheitsbezogenen Daten, die im Rahmen des Vollzugs des KRG erhoben und bearbeitet werden, sind besonders schützenswert, so dass Datensicherheitsmassnahmen unerlässlich sind. Für die kantonalen Krebsregister gelten die Vorgaben der entsprechenden kantonalen Datenschutzgesetze. Für alle übrigen Vollzugsstellen gelten die entsprechenden Bestimmungen des DSG. Gestützt auf Art. 37 DSG gilt das Bundesdatenschutzrecht subsidiär auch für kantonale Vollzugsstellen, wenn das kantonale Recht keine vergleichbare Regelung enthält. Gemäss Art. 28 Abs. 1 KRV haben die meldepflichtigen Personen und Institutionen elektronische Datenlieferungen an die Krebsregister bzw. das Kinderkrebsregister zu verschlüsseln. Die Verschlüsselung der Daten muss mit geeigneten, sicheren kryptografischen Verfahren, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen, erfolgen. Bei der Datenbearbeitung durch die meldepflichtige Stelle vor der Übermittlung an das Krebsregister sind die allgemeinen Datenschutzbestimmungen anwendbar. Der Datenaustausch zwischen kantonalen Stellen kann über bereits etablierte Systeme der Kantone und Gemeinden erfolgen (vgl. Art. 28 Abs. 5 KRV).[10]
In Ausführung von Art. 25 Abs. 4 KRG regelt Art. 30 KRV die Anforderungen an die korrekte und sichere Anonymisierung von Daten. Die Bestimmung orientiert sich an Art. 3 lit. i HFG und Art. 25 HFV, wonach Daten als anonymisiert gelten, wenn der Personenbezug irreversibel aufgehoben ist, d. h. wenn die Daten nicht oder nur mit unverhältnismässig grossem Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft der betreffenden Person zugeordnet werden können. Eine solche Anonymisierung kommt zur Anwendung, wenn Daten eines Patienten oder einer Patientin registriert wurden und der oder die Betroffene im Nachgang zur Registrierung Widerspruch einlegt (vgl. Art. 25 Abs. 3 lit. a KRG), bei Bekanntgabe von Daten an Dritte (Art. 23 und 27 KRG) sowie bei der ordentlichen Anonymisierung der Daten spätestens 80 Jahre nach dem Tod des Patienten oder der Patientin (vgl. Art. 25 Abs. 2 KRG).[11]
Förderung der Registrierung anderer Krankheiten
Der Bund kann die Datenbearbeitung über andere stark verbreitete oder bösartige nicht übertragbare Krankheiten als Krebs mit Finanzhilfen fördern (Art. 24 KRG). Dazu muss das Register, das solche Daten bearbeitet, einen Beitrag an die Gesundheitsberichterstattung leisten, einem oder mehreren Zwecken nach Art. 2 KRG dienen sowie über ein geeignetes Qualitätssicherungssystem verfügen (Art. 32 KRV).[12]
Die Ausführungsbestimmungen der KRV sollen der einheitlichen, vollständigen Datenerfassung dienen und zur Qualitätssteigerung beitragen. Es ist zu hoffen, dass die aus den einheitlich und vollständig erhobenen Daten gewonnenen Erkenntnisse eine dämpfende Wirkung auf die Gesundheitskosten haben, zu einer effizienteren Versorgung der Betroffenen oder zur Behandlungen von besserer Qualität führen. All dies würde nicht nur Patienten und Patientinnen, sondern auch Ärzten und Ärztinnen, Institutionen des Gesundheitswesens, Fachgesellschaften, Gesundheitsbehörden, Prämienzahlenden und Forschenden zu Gute kommen.[13] Zuerst ist nun aber das Ergebnis der Vernehmlassung abzuwarten.
[1] Botschaft zum Krebsregistrierungsgesetz, PDF abrufbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/strategien-politik/nationale-gesundheitspolitik/gesetzgebungsprojekt-registrierung-von-krebserkrankungen/vernehmlassung-zur-krebsregistrierungsverordnung.html?_organization=317, zuletzt abgerufen am 01.06.2017
[2] Registrierung von Krebserkrankungen: Bundesrat eröffnet die Vernehmlassung: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/aktuell/medienmitteilungen.msg-id-66221.html, zuletzt abgerufen am 01.06.2017
[3] Erläuterungen zum Entwurf Krebsregistrierungsverordnung, PDF abrufbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/strategien-politik/nationale-gesundheitspolitik/gesetzgebungsprojekt-registrierung-von-krebserkrankungen/vernehmlassung-zur-krebsregistrierungsverordnung.html?_organization=317, zuletzt abgerufen am 01.06.2017
[4] Erläuterungen zum Entwurf Krebsregistrierungsverordnung, PDF abrufbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/strategien-politik/nationale-gesundheitspolitik/gesetzgebungsprojekt-registrierung-von-krebserkrankungen/vernehmlassung-zur-krebsregistrierungsverordnung.html?_organization=317, zuletzt abgerufen am 01.06.2017
[5] Registrierung von Krebserkrankungen: Bundesrat eröffnet die Vernehmlassung: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/aktuell/medienmitteilungen.msg-id-66221.html, zuletzt abgerufen am 01.06.2017
[6] Erläuterungen zum Entwurf Krebsregistrierungsverordnung, PDF abrufbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/strategien-politik/nationale-gesundheitspolitik/gesetzgebungsprojekt-registrierung-von-krebserkrankungen/vernehmlassung-zur-krebsregistrierungsverordnung.html?_organization=317, zuletzt abgerufen am 01.06.2017
[7] Erläuterungen zum Entwurf Krebsregistrierungsverordnung, PDF abrufbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/strategien-politik/nationale-gesundheitspolitik/gesetzgebungsprojekt-registrierung-von-krebserkrankungen/vernehmlassung-zur-krebsregistrierungsverordnung.html?_organization=317, zuletzt abgerufen am 01.06.2017
[8] Erläuterungen zum Entwurf Krebsregistrierungsverordnung, PDF abrufbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/strategien-politik/nationale-gesundheitspolitik/gesetzgebungsprojekt-registrierung-von-krebserkrankungen/vernehmlassung-zur-krebsregistrierungsverordnung.html?_organization=317, zuletzt abgerufen am 01.06.2017
[9] Erläuterungen zum Entwurf Krebsregistrierungsverordnung, PDF abrufbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/strategien-politik/nationale-gesundheitspolitik/gesetzgebungsprojekt-registrierung-von-krebserkrankungen/vernehmlassung-zur-krebsregistrierungsverordnung.html?_organization=317, zuletzt abgerufen am 01.06.2017
[10] Erläuterungen zum Entwurf Krebsregistrierungsverordnung, PDF abrufbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/strategien-politik/nationale-gesundheitspolitik/gesetzgebungsprojekt-registrierung-von-krebserkrankungen/vernehmlassung-zur-krebsregistrierungsverordnung.html?_organization=317, zuletzt abgerufen am 01.06.2017
[11] Erläuterungen zum Entwurf Krebsregistrierungsverordnung, PDF abrufbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/strategien-politik/nationale-gesundheitspolitik/gesetzgebungsprojekt-registrierung-von-krebserkrankungen/vernehmlassung-zur-krebsregistrierungsverordnung.html?_organization=317, zuletzt abgerufen am 01.06.2017
[12] Erläuterungen zum Entwurf Krebsregistrierungsverordnung, PDF abrufbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/strategien-politik/nationale-gesundheitspolitik/gesetzgebungsprojekt-registrierung-von-krebserkrankungen/vernehmlassung-zur-krebsregistrierungsverordnung.html?_organization=317, zuletzt abgerufen am 01.06.2017
[13] Botschaft zum Krebsregistrierungsgesetz, PDF abrufbar unter: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/themen/strategien-politik/nationale-gesundheitspolitik/gesetzgebungsprojekt-registrierung-von-krebserkrankungen/vernehmlassung-zur-krebsregistrierungsverordnung.html?_organization=317, zuletzt abgerufen am 01.06.2017