Das Heilmittelgesetz wird zurzeit revidiert, wobei die erste Etappe bereits 2010 abgeschlossen wurde. Die zweite Etappe durchlief die eidgenössischen Räte, und das Bundesamt für Gesundheit ist nun an der Ausarbeitung der notwendigen Ausführungsbestimmungen. Vorgesehen ist, dass die zweite Etappe Mitte 2017 in Kraft tritt.
In der zweiten Etappe geht es unter anderem um das Verbessern der Rahmenbedingungen für die Industrie, damit für sie die Entwicklung von Kinderarznei attraktiver wird und so eine bessere Versorgung erreicht wird. So soll der Patentschutz für Kinderarzneimittel verlängert werden. Von einem besseren Schutz nach der HMG-Revision profitieren neben den Kinderarzneimitteln auch Medikamente gegen seltene Krankheiten (sog. Orphan diseases).
Ausserdem soll im Bereich der Kinderarzneimittel eine Datenbank geschaffen werden, die zu einem sicheren Arzneimitteleinsatz in der Pädiatrie beitragen soll. Damit sollen die Folgekosten von Medikationsfehlern, welche bei Kindern und Jugendlichen alleine auf CHF 70 Mio. geschätzt werden, reduziert werden. Der Betrieb erfolgt nicht durch den Bund selbst, sondern soll an einen Dritten ausgelagert werden. Gewisse Aspekte der Datenbank wie z.B. die Finanzierung und Speisung werden erst in den Ausführungsbestimmungen geregelt. Diese sind, wie erwähnt, zurzeit in Bearbeitung.
Um die Versorgungssicherheit bei Kinderarzneimitteln zu gewährleisten, werden die Zulassungsberechtigten dieser Arzneimittel, welche ein solches Arzneimittel vom Markt nehmen, neu verpflichtet, die Zulassungsdokumentation an einen Dritten zu veräussern oder kostenlos zur Verfügung zu stellen. Diese Vorschrift wurde mit Blick auf die positiven Erfahrungen in der EU und den USA mit ähnlichen Vorschriften in die Revision aufgenommen.
Ebenfalls im Bereich der Versorgung wurde den Apothekerinnen und Apothekern eine grössere Kompetenz gewährt. Beide Räte stimmten dem Verkauf aller Medikamente der Selbstmedikation durch Apotheken und Drogerien zu.
Weitere Schwergewichte der zweiten Etappe der HMG-Revision sind die Komplementärmedizin und die Pflanzenheilkunde. Hier sind vor allem Vereinfachungen in der Zulassung vorgesehen. Davon profitieren auch kantonal zugelassene Heilmittel, wobei diese, wie bisher, nur im jeweiligen Kanton zugelassen sind.
Bei den geldwerten Vorteilen für Personen, die verschreibungspflichtige Medikamente rezeptieren, sind ebenfalls neue Bestimmungen vorgesehen. So werden Naturalvorteile verboten, Fachpersonen müssen ihre Verbindungen zu Herstellern und Inverkehrbringern offenlegen und zusätzlich sieht der Bundesrat eine Buchführungspflicht für zulässige Vorteile beim Vorteilgeber und -empfänger vor, was im Ständerat als impraktikabel kritisiert wurde. Diese Bestimmungen sind noch nicht durch, weil noch eine Differenzbereinigung zwischen den Räten erfolgen muss. Auch wenn das Führen einer solchen Buchhaltung mit einem gewissen Aufwand verbunden ist, begrüsst die Vereinigung der Schweizer Medizinalrechtsanwälte eine solche Regelung. In der Vergangenheit haben gewisse Exzesse in diesem Bereich dazu geführt, dass bisweilen nicht mehr das Patientenwohl an oberster Stelle stand.
Grundsätzlich sind sich jedoch beide Räte einig, dass Leistungserbringer keine nicht gebührenden Vorteile fordern, sich versprechen lassen oder annehmen dürfen. Der Ständerat will nur nicht gebührende Vorteile bezüglich rezeptpflichtiger Medikamente verbieten, während der Nationalrat nicht gebührende Vorteile bezüglich aller Heilmittel verbieten möchte.
Geht es nach dem Ständerat, soll das Organisationsversagen im Sinne von Art. 102 Abs. 2 StGB bei Verstössen gegen das Verbot von geldwerten Vorteilen für Personen, die verschreibungspflichtige Medikamente verschreiben, nicht strafbar werden.
Nationalrat wie auch Ständerat hiessen hingegen eine deutliche Verschärfung der strafrechtlichen Sanktionen gegen Arzneimittelkriminalität gut. Der Tatbestand ist neu als abstraktes Gefährdungsdelikt formuliert. Zusätzlich wurde der Bussenrahmen erhöht.
Da die Ausführungsbestimmungen noch nicht erlassen sind und die Differenzbereinigung zwischen den Räten noch erfolgen muss, sind noch viele Detailfragen offen. Es bleibt zu hoffen, dass das neue HMG, wenn es dann 2017 in Kraft tritt, nicht wieder so schnell revidiert werden muss, wie es bei seinem Vorgänger geschehen ist.